50 Jahre später
Nächstes Jahr (2018) ist es soweit: Die Rebellion liegt ein halbes Jahrhundert in der Vergangenheit.
Es begann vor 50 Jahren ursprünglich als Protest gegen den Krieg der USA in Vietnam und entwickelte sich alsbald explosionsartig zu einer gesellschaftspolitischen Bewegung, die (zumindest im damaligen West-Deutschland) die nationalsozialistische Vergangenheit der Väter endlich aufarbeiten wollte und in einem Aufwasch auch gleich das einengende Korsett der bisherigen gesellschaftlichen Konventionen über Bord schmeißen wollte.
Antiautoritär, kritisch, links und kreativ: Der Mythos der 68er.
Alles muss raus! Kein Stein sollte auf dem anderen bleiben. Alles wurde hinterfragt und auf seine Tauglichkeit für ein, von gesellschaftlichen Zwängen und Unterdrückung befreites, neues Leben, überprüft. Neue Modelle des Arbeitens, der Erziehung, des Wohnens, des Lernens, des Diskutierens, der Beteiligung wurden als Gegenentwurf theoretisch entwickelt und in der Praxis erprobt.
Nie war die junge Republik aufgewühlter und im besten Sinne experimentierfreudiger und kreativer als in jenen Jahren.
Und so wundert es auch nicht, dass es aus jener Zeit eine Unmenge an Fotomaterial gibt, das uns eindrucksvoll, manchmal banal, meistens ernsthaft, oft aber auch einfach nur witzig einen Blick zurück erlaubt. Fünfzig Jahre zurück in eine Zeit, die wie keine andere zuvor und wie keine andere danach die Republik verändert hat und am Ende im „Deutschen Herbst“ Ende der 70er Jahre ihren dramatischen Höhepunkt fand.
Ich hab‘ aus Anlass des bevorstehenden Jubiläums (irgendwie unpassende Bezeichnung in diesem Zusammenhang) mal meine Regale durchforstet und drei Fotobände hervorgekramt, die sich mit dieser wilden Zeit der 68er befassen und die ich euch hier gerne kurz vorstelllen möchte. (Aus Gründen des Uhrheberschutzes muss ich leider auf Beispielbilder aus den Bänden verzichten.)
„1968“ von Michael Ruetz
Das Who is who aus Politik, APO, Kommune I, Kunst, Kultur, Universitätsbetrieb ist hier in hunderten Fotos von Michael Ruetz versammelt. Daneben unzählige Bilder des ganz normalen Alltags im Deutschland der späten 50er und 60er Jahre. Gerade das Nebeneinander dieser (Bild-)Welten macht den Fotoband von Michael Ruetz zu einer spannenden Bestandsaufnahme der 68er Bundesrepublik Deutschland mit all ihren offensichtlichen Widersprüchen.
Hier geht’s zur Facebook-Seite von Michael Ruetz
„K1 das Bilderbuch der Kommune“ von Rainer Langhans und Christa Ritter
Heute würde man die Kommunarden der K1 wahrscheinlich als „Influencer“ bezeichnen und ihre Fähigkeiten zur Selbstinszenierung als „perfect skills in personal branding“. Immerhin haben wir diesen skills zu verdanken, dass Langhans und Ritter hier ein Bilderbuch zusammengestellt haben, das mit einer durchaus überzeugenden, eigenen Ästhetik aufwarten kann: Eine (Wieder-)Begegnung mit den Protagonisten der K1 und ihrem Umfeld. Mal in Schwarzweiß, mal in Farbe tauchen sie alle irgendwann auf: Langhans, Kunzelmann, Teufel … und natürlich, unvermeidlich: Uschi Obermaier.
„Anarchy Protest & Rebellion“ von Fred W. McDarrah
Ein Blick über den großen Teich auf die Gegenkultur, die in den 60er Jahren Amerika nachhaltig verändert hat. McDarrah gilt als einer DER Chronisten der New Yorker Szene der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und hat in diesem Band hunderte Fotos zusammengetragen, die ganz wunderbar den „Spirit“ der aufregenden 60er Jahre in Amerika wiedergeben. Auf der Rückseite des Fotobandes befindet sich eine Danksagung von Yoko Ono, die – wie ich finde – diese ganzen aufregenden Jahre, in denen so viel passiert ist, großartig auf den Punkt bringt:
Thank you, Fred, for sharing a very precious historical document. It evokes the memory of what we were: people of inspired energy and action.
„People of inspired energy and action.“
Genug der Worte! Wer jetzt Lust auf die Bilder aus dieser Zeit bekommen hat, dem empfehle ich wärmstens folgenden Blogbeitrag der Bildagentur ullstein bild: 1968 – Aufstand der Jugend. Rund 100 Dossiers mit ausgesuchten Fotos, eine Unmenge an Material, gut strukturiert und aufgearbeitet.
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